Da ich dieses Jahr schon einige nachdenkliche Posts geschrieben habe, sollte dieser hier wieder etwas Schönes sein. Aus meiner Küche, etwas Besonderes, eine Küchengeschichte.

Doch das Leben scheint für uns 2015 etwas anderes vorzuhaben. Einer unserer engsten Freunde ist im März das 6. Mal an Krebs erkrankt. Und obwohl wir in der Vergangenheit stets voller Hoffnung waren und seine Stärke bewunderten, seit gestern ist es traurige Gewissheit: ohne ein Wunder wird er sterben.

Er wird sterben, welche simplen Worte für diese Unfassbarkeit. Vor vier Wochen hatten wir noch Spaß zusammen, gegessen, getrunken und wie immer viel gelacht.
Jetzt diese Botschaft.
Ich fühle mich, als sei mir das Lachen im Hals stecken geblieben, so als gehe während einer Achterbahnfahrt der Strom aus. Ein Gefühl, das kaum zu beschreiben ist.

Fassungslos und ungläubig sehen wir uns an. Tränen fließen bei dem Einen, Erstarrung bei dem Anderen, wir können es nicht glauben.

Für mich persönlich gehört er zu meinen engsten Vertrauten.Wir sind uns durch unsere gemeinsame Arbeit an seinen Krebserkrankungen so nah gekommen, wie man sich sicher nur in Ausnahmesituationen kommt.

Ich habe mich entschlossen, diese sehr persönliche Seite von mir mit euch zu teilen, weil es ist nicht nur um Sterben, Trauer, Verlassensein und Schmerz geht. Sondern um Würde und Menschlichkeit, um Liebe und Zuversicht. Denn zugleich mit dieser Fassungslosigkeit kommt auch ein tiefes Gefühl von Verbundenheit auf. Zum Leben, zu den Menschen. Und auch ein Gefühl von Geborgensein.Das Leben kann kürzer sein als geplant, wird gerade wieder deutlich klar.

So kommt auch Hoffnung, Freiheit und  die Möglichkeit tiefes Glück zu empfinden auf. Das Glück loslassen zu können, hin zu mehr Leichtigkeit und Dankbarkeit.

Einen Menschen loszulassen ist schwer, sehr schwer, wenn es ein so wichtiger Mensch ist.
Auch der Sterbende ist gezwungen loszulassen, von seinen Lieben, seinen Plänen und Hoffnungen.
Ein Prozess der auf beiden Seiten stattfindet und vor allem eines mitbringen kann: Frieden.

Was für eine Möglichkeit, das eigene Leben wieder neu zu betrachten, zu fühlen. Dem eigenen Körper Anerkennung dafür geben, dass er so wunderbar funktioniert.
Das eigene Sein in den Fokus rücken und dankbar zu sein für das was ist. Welche Chance.

Ein Gutes an dieser Erkrankung ist, dass es möglich ist Abschied zu nehmen. Wenn wir Glück haben mit einem würdevollen Sterben.

Dieses Glück hatten die Menschen auf dem Germanwings Flug nicht mehr. Sie wurden aus dem Leben gerissen.

Unser Freund wird das nicht. Wir werden ihn in den Tod begleiten, werden versuchen, ihn schön sterben zu lassen. Lachen, Weinen, gute Gespräche. Es wird eine intensive Zeit für uns alle, die ihn begleiten werden. Und wir alle werden daraus lernen. Lernen das Leben mit Allem, was dazu gehört wieder ganz intensiv zu spüren. Für einen kurzen Moment, oder für länger.

In dieser Empfindsamkeilt wird man selbst wacher, demütiger und aufmerksamer für das, was um uns herum geschieht.

So hat gestern ein Arzt, der spät nocheinmal in  Zimmer meines Freundes kam, sichtlich berührt seine menschliche Seite gezeigt, alle schulmedizinischen Sachlichkeiten weggewischt. Mit Tränen und Worten. Das war ein schöner Moment.

Ob Krankenschwestern, Mitarbeiter des Hospizes, mitfühlende Nachbarn, oder ein Sachbearbeiter aus Sickte, der einer kranken Asylbewerberin aus Ruanda mit strahlendem Gesicht eine wunderschöne Wohnung besorgt hat, sie alle zeigen ein Gesicht der offenen, ehrlichen Anteilnahme. Und das ist schön.

Mit diesen Worten, von denen ich mir wünsche, dass sie verstanden werden, möchte ich euch allen einen schönen Frühlingstag, viele gute Erlebnisse und Begegnungen wünschen.

 

Bis bald eure